Mittwoch, 8. Februar 2017

Bezirk Hamburg-Nord sucht aktive Senior*innen

„Das Bezirksamt Hamburg-Nord sucht Frauen und Männer der Generation 60 plus, die Freude daran haben, sich für die Belange und Interessen älterer Menschen einzusetzen.“ Mit diesen Worten möchte das Bezirksamt noch bis zum 18. Februar 2017 Senior*innen zur Teilnahme an der Senioren-Delegiertenversammlung  gewinnen für die nächsten vier JahreDie Delegierten werden von Senioren-Einrichtungen oder -Organisationen benannt. Entsandt werden auch Interessierte, die 20 Unterstützer*innen im Seniorenalter schriftlich nachweisen können.

MARTINIerLEBEN hat erneut Mitglied Heidemarie Lange gemeldet, eine Dulsberger Kirchengemeinde schickt zum dritten Mal Helmut Krumm.
Heidemarie Lange
Heidemarie Lange
Heidemarie Lange hat seit Jahren Erfahrungen in der Quartiersarbeit, vor allem zum Thema Barrierefreiheit. Sie nimmt als Gast regelmäßig an den Sitzungen des Regionalausschusses teil - und als Bürgerin kein Blatt vor den Mund. „In den Delegiertenversammlungen interessieren mich vor allem die Vorträge“, berichtet die Seniorin. Sie hat manche Anregung in ihren Verein mitgenommen.

Helmut Krumm haben die Delegierten bereits zwei Mal in den Seniorenbeirat gewählt. „Ich habe fast acht Jahre gebraucht, um den ganzen Apparat hier zu verstehen“, schmunzelt Krumm. Zu den Erfolgen des Beirats in den letzten Jahren zählt er vor allem zwei Dinge: Verbesserungen in der Pflege und einen großen Schritt in Richtung Barrierefreiheit.  
  • In den Alten- und Pflegeheimen gibt es auch künftig keine Sechs- und Acht-Bett-Zimmer mehr. Das Hamburgische Pflegegesetz regelt, dass jede Seniorin und jeder Senior ein Recht auf ein eigenes Zimmer hat.
Geteilte Querung
"Geteilte Querung"
  •  Auch ist der Beirat an fast allen Veränderungen im Straßen- verkehr beteiligt. Aktuell hat der Landesbetrieb deshalb an der Ecke Martini-/Tarpenbekstraße eine „geteilte Querung“ für Fußgänger umgesetzt: Für Rollator- und Rollstuhl-Fahrer ist der Bordstein auf Null abgesenkt, Sehbehinderte finden mit ihrem Stock eine 6 cm Kante, um den Beginn der Fahrbahn ertasten zu können.

Helmut Krumm
Helmut Krumm
Was den ehemaligen IT-Spezialisten nervt, ist das noch immer vorhandene Schachteldenken in der Politik: da gibt es Zuständigkeiten für Jugend, Familien, Behinderte, Alte. Und für diese Gruppen wird jeweils Geld ausgeschüttet – oder auch nicht. So will es die Politik, dass die meisten Seniorentreffs in Hamburg ehrenamtlich betrieben werden, mit einem Tagegeld für Essen, Honorare, Material von rund 35 Euro. Gleichzeitig hat sich die Realität außerhalb von Behörde weiter entwickelt. „Zu unserem Seniorentreff Dulsberg kamen viele Migranten, auch jüngere“, berichtet Krumm. Iraner waren Anlass, dass sich das Angebot des Seniorentreffs ändern musste. Wunsch nach Gespräch, Fortbildung, Sport und der Wille zu Kontakt mit anderen ist nicht nur ein Thema für die Älteren. Nach einiger Recherche konnte der Treffpunkt eine Stiftung als Unterstützer gewinnen. Deshalb gibt es jetzt im Seniorentreff ein Erzählcafé, Sprachkurse, Singen für Jung & Alt und vieles mehr.
Die Diskussion über die Zukunft der Seniorentreffs haben nicht nur die Dulsberger, sondern auch viele Mitstreiter*innen in Delegiertenversammlung und Beirat getragen. 
Aktivtreff Winterhude
Aktivtreff Winterhude
„Die Idee der Mehr-Generationen-Treffs könnte von uns stammen“, sagt Heidemarie Lange. Schließlich arbeitet MARTINIerLEBEN seit über 10 Jahren generationen-übergreifend. Bei einigen Beiratsmitgliedern bestanden indes zunächst Bedenken: „Wir möchten nicht von den Jungen verdrängt werden“, lautete die Befürchtung. Auch die Verwaltung, so Helmut Krumm, freundete sich eher zögerlich mit dem neuen Gedanken an. Besonders, weil die Aktivist*innen auch noch erklärten, die Angebote in den „Seniorentreffs“ sollten künftig durch Hauptamtliche gestaltet werden. Nach intensiver Diskussion hat sich der Seniorenbeirat Nord inzwischen für quartiersnahe Begegnungsstätten ausgesprochen, die grundsätzlich von Menschen jeden Alters genutzt werden können. Problem wird sein, diese Idee in den Köpfen der Beteiligten sowie der Politik weiter umzusetzen.

Text: Hans Loose - Bilder: MARTINIerLEBEN

Broschüre des Landes-Seniorenbeirats
Broschüre des Landes-Seniorenbeirats:
Die Generation 60+ ist gefragt 

Generationen-übergreifend tätig werden

Interview mit Petra Schröder, Bezirksamt Hamburg-Nord


Petra Schröder, Bezirksamt Hamburg-Nord
Frau Schröder, der Seniorenbeirat Hamburg-Nord hat sich für quartiersnahe Begegnungsstätten ausgesprochen, die grundsätzlich von Menschen jeden Alters genutzt werden können. Werden die Seniorentreffs jetzt platt gemacht? 
Nein, wir unterstützen das Anliegen des Beirats, generationsübergreifend in den Seniorentreffs tätig zu werden. Seit einigen Jahren haben sich die Träger der Treffs auf den Weg gemacht, solche generationsübergreifenden Aktivitäten anzubieten. Wir arbeiten gemeinsam mit ihnen an dieser Entwicklung. Das heißt aber auch, dass ältere - und jüngere - Menschen, die das wollen, bei bestimmten Themen oder Anlässen weiterhin ihre eigenen Gruppen bilden können und sollen.

Welche Möglichkeit der finanziellen Förderung von Einrichtungen, die über traditionelle Angebote für Senioren hinausgehen wollen, sehen Sie? 
Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) regelt über die Förderrichtlinie die Standards.  Wir unterstützen darüber hinaus innovative Projekte, besonders für generationsübergreifende Aktivitäten, z.B. bei zusätzlichen Bildungs- oder kreativen Angeboten. Allerdings darf es keine Doppelförderung geben. Sondermittel im Bezirk stehen aufgrund politischer Entscheidungen bereit, ebenfalls der Quartiersfonds. Wenn bei geplanten Projekten die Möglichkeiten des Bezirks erschöpft sind, berate ich die jeweilige Einrichtung, wie ein entsprechender Antrag an die Fachbehörde gestellt werden kann. Der Verein MARTINIerLEBEN  hat z.B. in der Vergangenheit Geld aus dem Bundesprogramm „Anlaufstelle für ältere Menschen“ erhalten und wird mit Mitteln aus dem bezirklichen Quartiersfonds unterstützt. Aktuell hat Barmbek°Basch mit Unterstützung des Bezirksamtes erfolgreich einen Antrag auf Förderung als Mehrgenerationenhaus beim Bund gestellt. Hiervon werden auch die dort vorhandenen Seniorentreffs profitieren.

Ohne ehrenamtliches Engagement müssten die meisten Senioren- bzw. Aktivtreffs oder Treffpunkte dichtmachen. Um die Qualität des Angebots zu erhöhen, fordern zahlreiche Betreiber hauptamtliche Beschäftigte. 
Alle Senioren-Treffpunkte erhalten im Bezirk Hamburg-Nord eine jährliche Zuwendung bis zu 9.000 Euro. Die Zuwendung richtet sich nach den Öffnungszeiten der jeweiligen Einrichtung. Der Bezirk übernimmt für einen Großteil der Treffs die Betriebskosten und – wo notwendig – die Miete. Es gibt wenige Seniorentreffs in Hamburg, die hauptamtlich geleitet werden. Diese befinden sich in der Regel in sozialen Brennpunkten und bieten neben Freizeitangeboten auch Beratung für ältere Menschen an. Die Frage hauptamtlicher Beschäftigung kann nicht in Hamburg-Nord geklärt werden, sondern muss letztlich durch Senat und Bürgerschaft entschieden werden.

Wie funktioniert die Kooperation zwischen den anderen Fachleuten von Gesundheit, Jugend und Familie im Bezirksamt? 
Die Bereitschaft zur Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen im Hause und den Fachbehörden gestaltet sich positiv. Ein Ergebnis? Schauen Sie zum Community Center Barmbek°Basch. Dort sind u.a. Seniorentreffs, Kinder- und Tanzangebote, Bücherhalle, Erziehungsberatungsstelle und Mütterberatung unter einem Dach vereint. Erfahrungen mit veränderten Strukturen werden gesammelt – das Angebotsspektrum fortlaufend erweitert.

Resortübergreifend  wird kontinuierlich die Möglichkeit geprüft, ob bestehende Häuser im Bezirk (z.B. Seniorentreffs, Bürgerhäuser, Jugendhäuser, Elternschulen) sich ggf. für eine Öffnung und Nutzung auch für andere Generationen/Zielgruppen anbieten.

Interview: Hans Loose