Im Kundenzentrum (ehemals Einwohnermeldeamt): Unbedingt Termin buchen!
Rudolf Dunsing braucht einen neuen Personalausweis. Er hat alles dabei: ein biometrisches Foto (35 x 45 mm ohne Rand, Hintergrund hell und einfarbig), seinen alten Pass, 28,80 Euro für die Gebühr – allerdings hat er keine Verabredung mit einem Sachbearbeiter.
Unbedingt Termin buchen! verkündet der rote Aufkleber auf dem großen Plakat an der Eingangstür des Kundenzentrums. Da stehen Öffnungszeiten, eine Telefonnummer sowie eine Internetadresse: www.hamburg.de/kundenzentrum. Herr Dunsing hat kein Handy und auch keinen Computer im Gepäck. Also marschiert er ohne Anmeldung ins Service-Center. "Haben Sie einen Termin?", fragt ihn die nette Empfangsdame. Einen Termin hat Rudolf nicht gebucht; er hat keinen Internet-Anschluss. Bei ihm zu Hause steht ein alter xp-Rechner.
Im Wartebereich sitzen bereits gut 30 Kunden. Ob alle mit Verabredung hier sind? Als der frühere Chemiker leicht genervt wieder gehen will, zeigt sich die Center-Mitarbeiterin hilfsbereit. An ihrem eigenen PC gibt sie die genannte Internet-Adresse ein. "Ich könnte Ihnen einen Termin am 20. Juli um 13.15 Uhr anbieten", erklärt sie. Das ist in über vier Wochen. Rudolf Dunsing lehnt dankend ab und setzt sich zu den anderen Wartenden - in der Hand einen Zettel mit Wartenummer und Ankunftszeit.
"Tschüss Wartezeit", so hieß die Aktion der Bezirksämter, die Mitte Februar des letzten Jahres in Hamburg gestartet ist. 70 Prozent der Besucher des Kundenzentrums kommen dieser Tage dennoch ohne Termin, Grund ist die Vorferienzeit. Die Chefin der drei Kundenzentren im Bezirk Hamburg-Nord (in Behörden-Deutsch ‚Leiterin des Fachamts Einwohnerwesen‘) Katharina Santore, nennt Einzelheiten: „Die durchschnittliche Wartezeit beträgt aktuell für Terminkunden 3 Minuten, für Kunden ohne Termin 23 Minuten.“ Allerdings: „Die Wartezeit kann für Kunden ohne Termin deutlich länger sein.“ Etwa 15 Minuten dauert die Bearbeitung eines Personalausweis-Antrages. Bei einem Kunden mit mehreren Anliegen wird entsprechend mehr Zeit benötigt. Wer in der Warteschleife landet, sollte an Mineralwasser denken: Einen Getränkeautomaten gibt es in der Lenhartzstraße nicht.
Nicht jeder Eppendorfer ist übrigens gezwungen, die Melde-Halle beim Bezirksamt aufzusuchen. Viele Anträge von uns Bürgern werden inzwischen in jedem der 20 Hamburger Kundenzentren bearbeitet, unabhängig von der Wohnadresse. Nicht nur Pässe und Ausweise geben die freundlichen Service-Kräfte aus. Im Angebot sind u. a. Umschreibungen von KFZ-Scheinen, Angelkarten (sog. Fischereischeine) und Hundeanmeldungen. Die Zugänge zum Kundencenter Hamburg-Nord sind inzwischen behindertenfreundlich. Wie er zum Einwohneramt hinkommt, muss jeder selbst sehen. Ein großes Problem für Menschen mit Handicap. Denn einen Shuttleservice wie die Parteien ihn bei Wahlen anbieten gibt es nicht.
Rudolf Dunsing hat sich beim Verlassen des Kundenzentrums die Rufnummer vom Plakat notiert. Unter 040 / 428 28-0 wird er das nächste Mal den Telefonischen Hamburg Service (THS) anrufen, wenn er einen neuen Ausweis braucht. „1/3 aller Terminkunden buchen über den THS bzw. das Kundenzentrum, 2/3 online“, berichtet die Amtsleiterin. Alternativ könnte der Center-Kunde auch das "Bürgertelefon" 115 kontakten – und wird dann ebenfalls vom THS vermittelt. Auf jeden Fall wird Herr Dunsing nach Terminabsprache das nächste Mal gemütlich zu Hause sitzen oder in seinem Verein warten. Und im Kundenzentrum geht es mit Termin auch schneller.
Text und Bilder: Hans Loose
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