Dienstag, 26. August 2014

Die Ziegen von Martini


Sie sind die heimlichen Stars des Bauspielplatzes Eppendorf, kurz Baui genannt: zwei Zwergziegen. Jelly ist schwarz, Stine hat einen hellen Körper. Beide leben auf ihrem Hügel an der Frickestraße.
Ein Bericht von Manfred Korte.



"Vor drei Jahren haben wir die beiden aus dem Wildpark Schwarze Berge geholt", berichtet Baui-Chef Manfred Schulz-Tenz. Ihre Vorgängerinnen waren an Altersschwäche gestorben. Nun reißen sich die kleinen und großen Besucher darum, Jelly und Stine zu füttern - oder zumindest zu fotografieren. 
Denn die Lizenz zur Nahrungsgabe haben eigentlich die Mitglieder der Tiergruppe. Aber die trifft sich nur Donnerstags. Deshalb müssen an anderen Tagen pädagogische Honorarkräfte den Fütterjob übernehmen. und unter Aufsicht dürfen auch andere Kinder frisches Grün oder Apfelstücke reichen. Streicheln lassen mögen sich die Zicken ohnehin nicht.

Manfred Schulz-Tenz sagt: "Die Damen sind etwas schüchtern." Wenn Jelly und Stine der Trubel zu groß wird, ziehen sie sich auf ihre Anhöhe zurück: einen Teil des Ringwalles, der den ganzen Baui-Eppendorf bei seiner Gründung vor 40 Jahren umschloss. Bei schlechtem Wetter und nachts bietet das Tierhaus den Vierbeinern Schutz. Als Schulz-Tenz 1986 auf dem Platz anfing, stand dort noch ein Holzschuppen. "Meine Kolleginnen und ich haben das kleine Fachwerkhaus in Eigenregie erbaut", berichtet der Baui-Leiter. Unterstützt wurde sein Team von der langjährigen Honorarkraft Jens-Peter Jaeger, einem damals angehenden Bauingenieur.

 Seitdem leben die Ziegen in Wohngemeinschaft mit derzeit 12 Meerschweinchen.

Ausgebüxt sind Jelly und Stine noch nie. Ein über zwei Meter hoher Zaun hindert sie daran, auf die Martinistraße zu laufen und dort den Verkehr zu regeln. Gleichzeitig schützen dieser Zaun und eine Alarmanlage die Ziegen nachts vor unerwünschten Eindringlingen. 


Einige Kinder der beliebten Tiergruppe haben Patenschaften übernommen, andere beschränken sich darauf, den Ziegenstall auszumisten, zu säubern und ein wenig ätherisches Öl zu sprühen. Baui-Besuche durch Eppendorfer Jungbürger sind normalerweise freiwillig. Wer heute spielen will, der kommt. Wer morgen keine Lust hat, bleibt zu Hause. Nur bei der Tiergruppe ist die Teilnahme verpflichtend: Wer mitmachen will, hat drei Monate lang jede Woche einen Termin bei Jelly und Stine.

Auch die Baui-Hühner haben seit einigen Jahren ein eigenes Dach über dem Kopf. Das Freigehege ist eine Folge der Vogelgrippe - und einer entsprechenden Anordnung des Bezirks. Das Veterinäramt hält ohnehin ein wachsames Auge auf den Platz. Zwei Mal im Jahr kommt Dr. Dorette von Wedemeyer vorbei und schaut, ob alle Tiere gesund sind. Sie sind es.

Meine Hoffnung auf Ziegenkäse enttäuscht der Baui-Leiter: "Milchabgabe ist bei Zwergziegen nicht vorgesehen." Er lädt mich jedoch ein, Mitglied im Förderverein zu werden. Dann kann ich immer mal ein Hühnerei abholen.
Text und Fotos: Manfred Korte

Dienstag, 12. August 2014

80 BesucherInnen, acht Fachleute und ein Fahrradflüsterer

Elisabeth Kammer von MARTINIerLEBEN (6.v.l.) mit
ihren vielen HelferInnen (Foto: Hülya Souk)
Am 2. August 2014 hatte das Repair-Café von MARTINIerLEBEN erstmals für seine Gäste geöffnet. Neben den neun aktiven Fachleuten sorgten sieben weitere Freiwillige für abwechslungsreiche drei Stunden: Sie organisierten die Einlasskontrolle, verteilten Wartenummern, boten selbstgebackenen Kuchen an und betreuten die Gäste. Der 'Lecker Bäcker' aus der Geschwister-Scholl-Straße trug ebenfalls mit einer Kuchenspende zum leiblichen Wohl bei. Etwa 90 Gäste kamen an diesem Nachmittag und 74 Reparatur-Aufträge gingen an die Fachleute. Viele konnten vor Ort bearbeitet werden. Eine Reportage von Manfred Korte.

K-D v. Krug an einer der beiden
Fahrradstationen (Foto: Hülya Souk)
Beide Fahrradspezialisten haben ihren Arbeitsplatz gleich zu Beginn der Veranstaltung auf den Hof verlegt. So steht Besucherin Heidemarie Göbbel mit ihrem klapprigen Drahtesel bei Fritz Liebig auf der Matte. Gangschaltung und Vorderbremse funktionieren nicht, das Schutzblech des hinteren Rahmens ist defekt. 

Währenddessen treffen drinnen im Saal Menschen mit anderen kaputten Geräten, Schmuck und Kleidungsstücken auf Fachleute. Alle erhoffen sich Hilfe. Wegwerfen? Denkste! lautet das Motto des Repair-Cafés. An kleinen Tischen bedienen die Fachleute ihre Kundschaft. 

An einem der Plätze geht es um Ketten, bei denen das schwächste Glied versagt hat. Christiane Stübing hat ihre hübschen Schätze mitgebracht. Nun sitzt sie bei Miriam Hebner, einer Schmuckdesignerin. "Das breite Armband kann ein Uhrmacher kürzen", erklärt die Fachfrau. Eine Silberkette ist reparierbar, muss aber gelötet werden. Den gerissenen Schmuckdraht, an dem ein Amethyst hängt, kann Miriam vor Ort flicken: Ein kleines Stück Draht aus ihrem Ersatzteilkoffer schafft Verbindung. 

Rudolf Dunsing hilft Iris Wolf, ihren Karren flott
zu kriegen. (Foto: Manfred Korte)
Derweil arbeitet Möbel-Spezialist Rudolf Dunsing an der Achse eine Schubkarre. "Drei Umzüge waren einfach zu viel", berichtet Kundin Iris Wolf. Mit Schraubzwinge, Schrauben und viel Zuspruch gelingt es Rudolf, der früher Chemiker war, nach einiger Zeit den Holm zu stabilisieren. Er bringt die Räder wieder zum Rollen. Anschließend macht er sich an die Halterung. 

"Meine Mutter hat Näherin gelernt", erzählt Eva Wohland, "ich habe mir alles abgeschaut." Im Repair-Café gibt sie ‚Hilfe zu Selbsthilfe’, das ist das Prinzip der Repair-Cafés. Eine Bluse soll enger werden, eine Hose weiter. Eva hilft beim Abstecken, nähen muss die Kundin alleine. Kostenlos erhält Sie jede Menge praktischer Vorschläge. 

Sebastian Schuppa und Rafael da Cruz nehmen einen
Verstärker fachgerecht auseinander. (Foto: Manfred Korte)
Sebastian Schuppa schräg gegenüber öffnet zur gleichen Zeit einen großen alten Verstärker. Rafael da Cruz hat ihn in einer Jutetasche angeschleppt. Sebastian, von Hauptberuf Maschinenbauingenieur, kann nach der Überprüfung keinen Fehler feststellen: "Da müsste man mal die gesamte Anlage untersuchen." Der Ingenieur bedauert, in diesem Fall keine Lösung zu finden. Zuvor hat er bereits einen Ventilator repariert. Dessen Welle: festgefahren. Der Frischluftspender dreht nun wieder seine Runde. Auch die Instandsetzung einer Fernbedienung war eine leichte Übung: Ihr User hatte die Batterien falsch herum eingelegt. Ob ‚Hilfe zur Selbsthilfe’ auch für den Elektronikbereich gilt? "Je mehr der ‚Patient’ berichtet", erklärt Sebastian, "umso besser kann ich ihn unterstützen". 

Fritz Liebig 'flüstert' Heidemarie Göbbels Fahrrad heil.
(Foto: Manfred Korte)
Unterdessen schraubt Fritz (früher Bank- und Versicherungsfachmann) noch am Drahtesel seiner Auftraggeberin. Dreigangnabe und Vorderbremse hat er innerhalb von zehn Minuten eingestellt, nun einen Streifen Panzerband in der Hand. Mit ihm wird er den Riss im Schutzblech schließen. Heidemarie Göbbel ist begeistert: „Für mich ist der Fritz ein richtiger Fahrradflüsterer.“ 

Die Repair-Cafés sollen bei MARTINIerLEBEN zur festen Einrichtung werden und etwa viermal im Jahr stattfinden, das nächste bereits am 11. Oktober.