Donnerstag, 13. April 2017

Barrierefrei?
ME hat die Plaza der Elbphilharmonie besucht


Heike vor der Elphi
Heike vor der Elphi
Unsere Tickets haben wir bereits vor einer Woche im Internet gebucht. Drei Monate nach Eröffnung wollen wir prüfen, inwieweit die Macher von Hamburgs Musiktempel in Sachen Barrierefreiheit vorangekommen sind. Kritik gab es in den ersten Wochen ja reichlich.
Rollstuhlfahrerin Heike parkt ihren Wagen auf einem der Behindertenparkplätze am Kaiserkai, etwa 80 Meter von der Elbphilharmonie entfernt. Weitere Sonderparkplätze gibt es im Elphi-Parkhaus. Am Haupteingang wäre eine Hinweisschild sinnvoll: Menschen im Rollstuhl bitte rechts durch den Gang! – 
Weg zur Außenplaza
Weg zur Außenplaza
Stattdessen weist uns ein Ausrufer über alle Köpfe hinweg den Weg. Einchecken für den Plazabesuch, Aufzugfahrt in den achten Stock – ohne Probleme. Es gibt keine Schwellen, Türen und Aufzüge haben eine ausreichende Größe.  In der großen Halle, die uns erwartet, drängen sich die Besucher*innen. Nun wollen wir wissen, wie wir zur Außenplattform kommen. Vergeblich: Hinweisschilder sind in den beiden Schleusen versteckt, die ins Freie führen. Die Wegführung ist insgesamt eher zurückhaltend. Und – wie gewohnt - ausschließlich auf Deutsch. Die Hansestadt beweist bei diesem Thema gern ihren Provinzcharakter.
Treppe als Stolperfalle
Treppe als Stolperfalle
Apropos Beschilderung: der
Blinden- und Sehbehinderten-Verein hat vor sechs Wochen fehlende Hinweise in den Fahrstühlen und auf der Treppe moniert. Doch die Schilder in den Fahrstühlen reflektieren auch heute, sind selbst für Menschen ohne Handicap kaum zu erkennen. Blindenschrift oder Etagendurchsagen gibt es nicht.  Die breite Treppe soll ihren Charakter als Stolperfalle ja demnächst verlieren. Doch noch fehlen die normgerechten Stufenmarkierungen.

Blick auf den Sandtorkai
Blick auf den Sandtorkai
Der Blick auf Hamburg ist natürlich gigantisch, allerdings heute leicht getrübt durch das Schmuddelwetter. Unterdessen wird es beim Rundgang über die Aussenplaza hinten eng. Dort drängen sich Besucher besonders stark, denn der Weg ist nur 1,45 m breit, also schmaler als ein traditioneller Fußweg. Schwierig für Menschen im Rollstuhl und Kinderwagen, im Gegenverkehr. aneinander vorbei zu kommen.


Warten vor dem Behinderten-WC
Warten vor dem Behinderten-WC
Toiletten für Mann und Frau sind auf der Plaza vorhanden, Behinderte im Rollstuhl finden ihr WC eine Etage tiefer. Es leuchtet die rote Besetzt-Lampe. Das Deckenlicht erlischt nach wenigen Minuten, wir müssen es durch Bewegung reaktivieren. Nach 10 Minuten überprüfen wir Tür und Toilette: das WC ist frei, die Lampe offenbar im Dauerbetrieb.

Gastronomie? Bitte klingeln
Gastronomie? Bitte klingeln
Ins Restaurant geht es für die Rollstuhl-Fahrer*innen nur über den 6. Stock. Und das ist der Höhepunkt unserer Erkundung: Heike landet vor einem verschlossenen Personaleingang des Restaurants. Sechs Minuten nach unserem Klingeln öffnet die freundliche Restaurantchefin. Wir werden über einen Lastenaufzug, in dem es nach Fisch riecht, auf die Restaurant-Ebene gehievt. Senatskoordinatorin Ingrid Körner hat diese unwürdige Situation bereits Anfang Dezember 2016 kritisiert. Die von Frau Körner geforderten Schilder in Richtung Restaurant sind offenbar angebracht; einen direkten Zugang zur Gastronomie für die Nutzer von Rollstühlen, Rollatoren und Eltern mit Kinderwagen wird es nicht geben.

Restaurant nur für Rollstuhlfahrer?
Restaurant nur für Rollstuhlfahrer?
Inzwischen hat sich auch eine Reihe von Musikern mit Handicap bei der Senatsbeauftragten gemeldet. Im Bereich der Künstler-Umkleideräume und Sanitäreinrichtungen soll die Barrierefreiheit ebenfalls auf der Strecke geblieben sein. 

Wie schreibt doch die Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins Angelika Antefuhr nach ihrer Elphie-Begehung? "Die Elbphilharmonie soll als neues Wahrzeichen der Stadt Hamburg ein Zeichen in die Welt setzen. Dies muss auch ein deutliches Zeichen für Barrierefreiheit sein."

Heike Wandke / Hans Loose

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